Mömlingen Heimat und Geschichte 

 

 

Geschichte der Schule in Mömlingen

 

 

Dorfrechnung von 1653 für einen Schulmeister

 

 

Über 350 Jahre sind es her, dass in Mömlingen ein Schulmeister damit begann, den Kindern Lesen, Schreiben, Rechnen, Chorgesang und vor allem die Geheimnisse des Katechismus zu lehren. Die „Gemeine Rechnung des Dorfs Mömblingen“ von 1653 enthält unter der Rubrik „Auß Gabe Geltt“ folgenden Eintrag: 

„Item den 20 may der gemein vor brott bey der Creytz fahrt zu Eissenbach geben – 16 albus

mehr damals vor Schulmeister Senger und von Creytz und fahnen zu tragen geben – 12 albus“  

 

Aus den zitierten Zeilen geht hervor, dass anlässlich einer Prozession in der Bittwoche (früher: Kreuzwoche) nach Eisenbach neben Sängern, Kreuz- und Fahnenträgern auch ein „Schulmeister“ entlohnt wurde. Da weder frühere Rechnungen noch andere ältere Archivalien einen Schulmeister erwähnen und es auch noch keine Schulpflicht gab, dürfte er der erste hauptberufliche Lehrer in Mömlingen gewesen sein. Inwieweit die schon vorher (1541 – 1621) urkundlich greifbaren „Glöckner“ ihre für das Messneramt geforderten Lese- und Schreibfertigkeiten weitervermittelt haben, entzieht sich unserer Kenntnis. Anzunehmen ist jedoch, dass sie dies nur in begrenztem Umfang taten. 

Der erste Schulmeister trat seinen Dienst in einer sehr schlimmen Zeit an. Der von 1618 – 1648 dauernde Dreißigjährige Krieg hatte auch in unserer Gegend verheerende Spuren hinterlassen. Vieles lag noch öd und wüst, die einheimische Bevölkerung war stark dezimiert, Einwanderer mit fremder Sprache brachten neue Probleme. Einen eigenen Ortsgeistlichen, der sich – wie es von der Obrigkeit gefordert war – besonders um die Erziehung und Bildung der Heranwachsenden kümmern sollte, gab es infolge des Krieges schon lange nicht mehr: Mömlingen und auch Eisenbach wurden damals vom Obernburger Pfarrer mitbetreut.

Wie unzulänglich diese Situation war, verdeutlicht ein „Beschwerde- und Bittbrief“, den die Gemeinde im selben Jahr 1653 an ihren Landesherrn, den Mainzer Erzbischof und Kurfürsten Johann Philipp von Schönborn, gerichtet hat. Darin beklagten sich die Mömlinger, dass der Obernburger Geistliche nur an besonderen Feiertagen zu ihnen komme. Die Folge sei:   „dass die blühende Jugend in dem treulosen Leben ohne einigen Unterricht aufwachse und die neugebornen Kinder in der größten Hitz oder Kält zur Sommer- und Winterszeit über ein Stund wegs nach Obernburg (zur Taufe) getragen werden müssten, auch der eine oder andere Kranke die geringste Seelentrost nit zu hoffen habe“. Man sorgte sich also nicht nur um das Seelenheil, sondern auch um den Unterricht für die Dorfjugend.

Der Brief nach Mainz hatte Erfolg. Im gleichen Jahr erhielten die Mömlinger einen eigenen Pfarrer und – wie in der eingangs zitierten Gemeinderechnung erstmals belegt – auch einen Schulmeister. Sein Name und Herkunftsort sind nicht genannt. 

Die nächste Nachricht von einem (demselben?) Schulmeister findet sich in der Gemeinderechnung von 1658. Dort steht: „ Item ausgeben den 28. Augusty zu wertt (Wörth) mier die procesion auf den Engelberg haben getragen zur zehrung dem hen schulmeister und den die fohn (Fahne) hatt getragen und far Lohn (Fährlohn) über den main - 20 albus.“ 

Die früher am 28. August eines jeden Jahres durchgeführte Prozession auf den Engelberg geht auf ein – heute längst vergessenes – Gelöbnis zurück, das die überlebenden Mömlinger während des Dreißigjährigen Krieges nach dem Ende einer todbringenden Pest geleistet hatten. Der Umstand, dass die ältesten Belege für Schulmeister diese als besoldete Teilnehmer von Prozessionen nennen, ist kein Zufall. Das Amt eines Dorfschullehrers war früher in der Regel mit dem „weltlichen Kirchendienst verbunden. Dies resultiert aus der Tatsache, dass es vor allem die Kirche war, die sich um die Unterrichtung der Kinder bemühte. Die ersten Schulmeister waren deshalb – wie zuvor die Glöckner – in erster Linie auch Gehilfen des Pfarrers.

Als „Kirchendiener“ (Messner) oblag dem Schulmeister der Altar- und Sakristeidienst, das Glockenläuten, das Stellen und Aufziehen der Kirchturmuhr. Als Kantor sang er vor, dirigierte die „Senger“ und die „Singmetgen“ (=Singmädchen), also den männlichen und weiblichen Kirchenchor. Später, nach der Anschaffung einer Orgel, sollte er diese „gar löblich tractiren“. Das Entgelt für all diese Tätigkeiten war bis ins frühe 20. Jahrhundert Bestandteil seines Einkommens. In der Gemeinderechnung von 1676 (und späteren Jahren) ist zu lesen:  „Item ist bei Ahnnehmung des Schulmeisters für wein und brod verzehrt worden – 6 alb.“  Ebenso wie bei der Verpflichtung („Dingung“) von Hirten, Handwerkern oder sonstigen für die Gemeinde tätigen Personen hat man also auch die Neueinstellung eines Lehrers ordentlich begossen. 

Für 1683 ist erstmals der Name eines Mömlinger Schulmeisters überliefert: Johannes Hornig. In einem Mitgliederverzeichnis der Sakramentsbruderschaft wird er – seiner kirchenmusikalischen Tätigkeit entsprechend – als „Ludimoderator“ bezeichnet. 1693 kommt ein neuer Schulmeister. Im gleichen Jahr bezahlt die Gemeinde Zins für ein „Schulmeisterhaus“, hatte es also angemietet. Einige Jahre später kritzelt ein offenbar junger Mömlinger in unbeholfener Schrift auf die leeren Seiten einer Gemeinderechnung:  „Heitte den 26 maii 1699 haben mirr unsen schull meister geholt zu lemer spill (=Lämmerspiel bei Offenbach), haben mir dem Wolffen 2 fl. (=Gulden) müssen geben zu lohn undt er hatt 2 tag müssen fahren, bieß er witter komen ist all hier nach Mimblg.“.

1754 wird die damals 512 Einwohner zählende Pfarrei Mömlingen visitiert. Im Protokoll heißt es: „Sommerszeit wurde keine Schule gehalten, Winterszeit aber thäten die Lehrer ihre Schuldigkeit.“ Die Kinder mussten in der wärmeren Jahreszeit in der elterlichen Landwirtschaft mithelfen. Bekanntlich waren früher auch viele Schulmeister (und Pfarrer) nebenher als Landwirte tätig, um ihr meist spärliches Einkommen aufzubessern.

Da im Visitationsprotokoll von Lehrern in der Mehrzahl die Rede ist, dürfte dem Schulmeister bereits ein Gehilfe zur Seite gestanden haben. Ansonsten ist immer nur von dem Schulmeister die Rede. Er hieß damals Conrad Saul. Ein für 1795 belegter Mömlinger namens Johann Saul – vielleicht ein Sohn des Schulmeisters – ist als „Exjesuit“ ausgewiesen, gehörte also früher dem Jesuitenorden an. Conrad Sauls Vorgänger Johann Adam Zöller erscheint im Sterberegister als „ludi rektor“. Zöllers Sohn wurde 1718 der erste Kaplan der Mömlinger Pfarrei und ihrer Filiale Eisenbach.  

1844 wurde eine dritte Lehrerstelle geschaffen, wahrscheinlich für Severin Schwind. I. Lehrer – so nannte man den Dienstältesten -  war damals Georg Morschhäuser. Er wohnte neben der Kirche (Kleine Kirchgasse 1), vielleicht im ehemaligen Glöcknerhaus. Der II. Lehrer Adam Marstatt besaß ein neues Haus am südlichen Dorfrand (Hauptstraße 38). Marstatt war der erste Dirigent des 1825 gegründeten Kirchenorchesters. Nachkommen der Lehrer Morschhäuser und Marstatt blieben ortsansässig. 

Ein Häuserverzeichnis des gleichen Jahres 1844 verrät, wo sich damals das gemeindliche Schulhaus befand, in dem vermutlich der III. Lehrer Severin Schwind wohnte. Es stand auf dem Platz des mit einem Treppengiebel versehenen Nebengebäudes der „Alten Schule“ (heute „Bürgerhaus“). Wahrscheinlich ist es um 1775 (während des Kirchenbaus) errichtet worden, denn damals erwarb die Gemeinde 1100 Nägel sowie neue Fenster für ein Schulhaus. Wie ein Plan von 1852 erkennen lässt, gehörte zu den Nebengebäuden eine große Scheune. 

Da für die III. Lehrerstelle kein Klassenzimmer im Schulhaus vorhanden ist, entschließt sich die Gemeinde nach langem Hin und Her zum Neubau eines größeren Schulgebäudes. Um den notwendigen Platz zu schaffen, erwirbt sie zwei dem Schulhaus benachbarte Anwesen an der Brunnengasse (heute „Alte Schulstraße“). Alle Gebäude werden abgebrochen; die Fachwerkbalken zweier Häuser, darunter das Schulhaus, nach Eisenbach verkauft und wieder aufgebaut. Das alte Mömlinger Schulhaus ist dort noch erhalten, wenn auch in veränderter Form. 

1855 – 1857 entsteht auf dem geschaffenen Platz aus heimischem Sandstein ein zweigeschossiges Schulhaus mit drei Lehrsälen. Den Standort der früheren Schule nimmt nun ein Nebengebäude ein, in dessen vorderem Teil Feuerlöschgeräte untergebracht werden (deshalb das große Eingangstor). Man war vorsichtig geworden, denn kurz zuvor (1852) hatte in der Nachbarschaft ein großer Brand gewütet. Er dürfte letztlich die Entscheidung beeinflusst haben, das noch intakte, aber Feuer gefährdete Fachwerk-Schulhaus durch einen (größeren) Steinbau zu ersetzen. Zuvor hatte man nämlich ein separates Mädchenschulhaus geplant, das am südlichen Dorfrand an der Hauptstraße entstehen sollte.   

 

Alte Schule mit Heimatmuseum

 

Die im Erdgeschoss des neuen Schulhauses liegende Wohnung des I. Lehrers (ab 1854: Severin Schwind) umfasste ein Wohnzimmer und vier Nebenzimmer. Dazu gehörten Teile des Speichers, Kellers und Hofes, Großvieh- und Schweinestallungen, eine Remise für Heu, Stroh und Holz. Wasser gab es am Brunnen im Hof. 

Aus dem gleichen Zeitraum, den Jahren um 1860, ist auch eine detaillierte Aufstellung der Besoldung des I. Lehrers erhalten geblieben. Sie ist deshalb sehr interessant, weil sie alte Bestandteile der Mömlinger Schulmeisterbesoldung beinhaltet. Folgende Positionen sind aufgeführt: 

Schulgeld (von Eltern erhoben, pro Werktagsschüler 45 Kreuzer jährlich)

Besoldungsholz (2 1/8 Klafter Buchenscheitholz jährlich)

Leseholz und Streu (wurden im Wald gesammelt und angeliefert)

Nutzungsrecht von Grundstücken (1 Garten, 1 Acker, 1 Wiese)

Weiderecht für Schweine und Gänse (kein Entgelt an den Gemeindehirten)

Gräsereirecht auf dem Kirchhof (= aufgelassener Friedhof um die Kirche)·

Verdienst als Kirchendiener, Organist und Kantor (seitens der Kirche und Gemeinde sowie Gebührenanteil bei Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen)

Läutkorn (von jedem vollberechtigten Dorfnachbarn 1 Maß 2 Viertel, von jedem Beisassen 2 Sechter 1 Viertel; entrichtet für den „Genuss“ des Glockengeläutes; das Läuten selbst besorgte später ein vom Lehrer bezahlter Tagelöhner);

1 Wachsstock an Lichtmess;

1 Flasche Wein am Fest des Evangelisten Johannes;

Entlohnung als Gemeindeschreiber (Zusatzverdienst). 

Auf das Einkommen rechnete die Gemeinde den Mietwert der Lehrerwohnung an. 

Insgesamt betrachtet war zwar das Einkommen der I. Schulstelle um 1860 nicht gerade kärglich, doch lagen die Besoldungen des II. und III. Lehrers erheblich darunter. Da es zwei Jahre zuvor eine Aufbesserung für alle drei Schulstellen gegeben hatte, muss die frühere Situation noch deutlich schlechter gewesen sein. Dafür gibt es sogar einen konkreten Hinweis. Im Hauptstaatsarchiv München ist ein Brief des I. Lehrers Georg Morschhäuser von 1848 erhalten geblieben, in dem sich dieser über seine zu niedrige Besoldung beschwert. Das Königliche Kultusministerium wies seine Klage 1849 ab. 

Es ist mit Sicherheit kein Zufall, dass Morschhäuser seinen Beschwerdebrief gerade im Revolutionsjahr 1848 geschrieben hat. Damals brodelte es im Volk, überall begehrte man gegen missliebige Zustände auf. Wie überliefert ist, waren die Mömlinger in besonderer Weise aufrührig, so dass eine Kompanie Soldaten den Ort besetzte. Der landesweite Ruf nach Freiheit und Demokratie fiel besonders bei den Dorfschullehrern auf fruchtbaren Boden. Ihre berufliche und private Situation war bis ins 20. Jahrhundert gekennzeichnet durch materielle Not und Abhängigkeit von der Kirche. In seiner Eigenschaft als Lokalschulinspektor war der Ortspfarrer der unmittelbare Vorgesetzte des Lehrers. Da es keine Alterssicherung und im Todesfall keine Versorgungsansprüche der Hinterbliebenen gab, kam es nicht selten vor, dass ein jüngerer Lehrer gezwungen war, seinem Vorgänger eine Pension zu zahlen oder, wenn dieser früh verstarb, die Witwe zu heiraten. 

In einem heute unvorstellbaren Maß griff die königlich-bayerische Administration auch in die persönliche Freiheit der Lehrer ein. Bis 1844 war ihnen der Besuch von Gasthäusern und Tanzböden verboten, ebenso die Ausübung der Jagd. Bis in die 1860er Jahre durften sie auch keine Bärte tragen; dies wurde als Ausdruck von Hochmut und Widerspenstigkeit angesehen. Vor diesem Hintergrund ist der Beschwerdebrief des Mömlinger Schulmeisters Georg Morschhäuser zu sehen. Eine Rolle dürfte auch die Tatsache gespielt haben, dass 1848 nach dem Tod von Pfarrer Wolf die Pfarrstelle einige Zeit vakant war, die örtliche Schulaufsicht also damals fehlte. Eine Generation später erscheint ein Sohn von Lehrer Morschhäuser namens Karl als Inhaber der I. Schulstelle. Auch sonst scheint er mit seinem Vater einiges gemein gehabt zu haben. Einzelheiten sind dem Tagebuch des damaligen Pfarrers Seikel (1869 – 1883) zu entnehmen. Dem streng konservativen Pfarrer missfällt, dass der Lehrer liberale Zeitungen liest und dementsprechende Ansichten vertritt.

Zum offenen Zerwürfnis zwischen beiden kommt es, als Morschhäuser während eines sonntäglichen Amtes die Predigt an der Orgel mitschreibt, wütend auf der Empore hin- und herläuft und laut „Pfui“ ruft. Man kann sich lebhaft vorstellen, was an diesem Sonntag im Ort los war, vor allem in den Wirtshäusern „Zur Deutschen Eiche“ und „Zum Schützenkeller“. Beide Gastwirtschaften waren nämlich im Besitz von Brüdern des liberal gesinnten Schulmeisters, der sich nicht scheute, dem Pfarrer sogar in der Kirche die Stirn zu bieten. 

Die erste weibliche Lehrkraft wird in Mömlingen tätig, als 1877 wegen erneut gestiegener Schülerzahl eine vierte Schulstelle eingerichtet werden muss. Damit ist auch das neue Schulhaus zu klein. Der Plan eines hofseitigen Anbaus wird verworfen. Stattdessen erhöht man 1883 das vorhandene Gebäude um ein Stockwerk. Dadurch gehen die ursprünglichen Treppengiebel verloren, die dem noch vorhandenen des Nebengebäudes entsprachen. Nach weiteren Umbauten besitzt nun das Schulhaus vier Lehrsäle und vier Lehrerwohnungen. 

1895 ist Franz Katzenberger I. Lehrer. Er stammt wahrscheinlich aus dem Wirtshaus „Zum Adler“, das 1876 von dem Forstaufseher Georg Katzenberger eröffnet worden war. Der damalige Pfarrer August Grünewald übte auch das Amt eines Distriktschulinspektors aus. Um die Jahrhundertswende unterrichten Kilian Steinmüller, Adam Trunk, Heinrich Hümpfner und Emilie Schmitt die rund 250 Werktagsschüler und 120 Sonntagsschüler des 1700 Einwohner zählenden Dorfes. Als „Arbeitslehrerinnen“ sind drei namentlich nicht genannte Damen in den Bereichen Handarbeit-Hauswirtschaft tätig. Meist waren dies Lehrersgattinnen oder einheimische Frauen, die über die notwendigen Fertigkeiten verfügten.

 Bemerkenswert ist auch, was im „Real- und Personalschematismus“ der unterfränkischen Schulen von 1904 über Mömlingen zu lesen ist: „Die Kinder kommen gerne zur Schule, sind in der Mehrzahl sauber und ordentlich gekleidet, etwas schüchternes Benehmen, sind im Durchschnitt gut veranlagt und lerneifrig.“ 

Um der stetig wachsenden Schülerzahl gerecht zu werden, lässt die Gemeinde in den Jahren 1908 – 1909 ein neues Schulhaus oberhalb der Kirche erbauen (heute Kindergarten „Sonnenschein“). Es ist auch als „Kinderbewahranstalt“ für die Kleinen und als Wohnung für die gleichzeitig hier eröffnete Niederlassung von Franziskanerinnen vorgesehen. Die Ordensschwestern stellen in der Folgezeit nicht nur Kindergärtnerinnen und Krankenschwestern, sondern auch Lehrerinnen. Da im neuen Schulgebäude überwiegend Mädchen (die unteren Klassen blieben gemischt) unterrichtet wurden, bürgerten sich sowohl die Bezeichnungen „Mädchenschule“ und „Knabenschule“ als auch „Neue Schule“ und „Alte Schule“ ein. Letzterer Unterscheidung entsprechend wurde aus der „Brunnengasse“ die „Alte Schulstraße“ und aus dem "Pfarrgäßlein“ die „Neue Schulstraße“.

 

Schule von 1908, heute Kindergarten Sonnenschein

 

1911 beginnt Pfarrer Ernst Harth mit schulgeschichtlichen Aufzeichnungen. Ab 1914 führt sie Hauptlehrer Kilian Steinmüller weiter. Am 2. August des gleichen Jahres vermerkt er mit roter Tinte: „Ausbruch des Krieges“. Die folgenden Eintragungen berichten vom „Absingen patriotischer Lieder“ an den Geburtstagen des deutschen Kaisers und des bayerischen Königs. Jeder Einzelsieg an der Kriegsfront wird mit einer Feier gewürdigt, danach ist jeweils schulfrei. Ab 1916 schwindet die vaterländische Hochstimmung. 1918 ist der Weltkrieg verloren. Die Abdankung Kaiser Wilhelms und die Entstehung eines ersten demokratischen Staatswesens auf deutschen Boden wirken sich auch gravierend auf das Bildungswesen aus. 1919 werden die Lehrer an öffentlichen Schulen Staatsbeamte, die bisher von Pfarrern ausgeübte Schulaufsicht geht an den Staat bzw. qualifizierte Lehrkräfte über. Die althergebrachten Verbindungen des Schuldienstes mit der Kirche werden ebenso beendet wie Tätigkeiten von Lehrern im Dienste der Gemeinden.

Als 1919 auch Hauptlehrer Kilian Steinmüller sein Amt als Gemeindeschreiber aufgeben muss, ernennt man ihn aus Dank für seine langjährigen Dienste zum Ehrenbürger. Als dienstältester Lehrer ist Steinmüller auch der Erste, der – ab 1923 – die Amtsbezeichnung „Schulleiter“ führt. Ihm folgt 1926 – 1929 Hauptlehrer Josef Benz aus Rüdenau. Ab 1930 steht der schon seit 1912 hier tätige Hauptlehrer Josef Fleckenstein der Schule vor; 1940 erhält er den Rektor-Titel. 

Zwischenzeitlich hat das Dritte Reich die Weimarer Republik abgelöst. „Flaggenhissung“, „Kernspruch“ und „Singen nationaler Lieder“ gehören nun zum Schulalltag. Geschlossen lauschen die Schüler den Worten des Führers, die mittels Radio auf dem Pausenhof oder im Klassenzimmer erschallen. 1938 wird die 8. Jahrgangsstufe eingeführt. Die einst Sonntagsschule genannte Volksfortbildungsschule heißt nun Berufsschule.

Am 1. September 1939 wird die Schule geschlossen, die Säle mit Stroh belegt für die Rückwanderer aus der Pfalz. Es kommen aber nur 150, die in Privatquartiere gelegt werden. Die Fenster der Schule sind ab jetzt wegen der Gefahr aus der Luft verdunkelt. Im Winter 1939/40 gibt es sechs Wochen Kälteferien wegen Kohlemangel. Der Lehrer Edgar Hildebrandt fällt am 14. Juni 1940 als Leutnant bei Verdun. Brombeer-, Himbeer- und Erdbeerblätter, Schafgarbeblüten, Zinnkraut, Gänseblümchen, Waldmeister, Hiefen, Schlehen, Altpapier, Altstoffe, Spinnstoffe, Knochen, Lumpen und Schrott werden während der Kriegszeit von den Schülern gesammelt. Im Sommer 1944 macht man Jagd auf Kartoffelkäfer, von denen einige Exemplare „erlegt“ werden. Unter dem 1. April 1945 finden wir den letzten Eintrag von Rektor Josef Fleckenstein in der Chronik: „Am 28.3.45 rückten amerikanische Truppen in unser Dorf ein. Die weißen Fahnen wurden gehisst. Kein Widerstand zeigte sich. Dadurch wurde unser Heimatort vor feindlichen Angriffen verschont. Die Schulen wurden von der Militär-Regierung bis auf weiteres geschlossen.“ 

Am 1. Oktober 1945 beginnt das neue Schuljahr nach langer Zeit wieder mit einem Gottesdienst, gehalten von Pfarrer Josef Wohlfahrt. Das Kreuz erhält im Schulzimmer wieder seinen Ehrenplatz. 519 Schüler besuchen die Schule. Hefte, Schreibzeug und Bücher fehlen, einige Kinder kommen nicht zur Schule, weil sie keine Schuhe und Strümpfe besitzen. 1945 kehren die Mömlinger Ordensschwestern in die Mädchenschule zurück, aus der sie unter den Nationalsozialisten vertrieben worden sind. Die Schulschwester (und örtliche Oberin) Friedlinde Bieber übernimmt kommissarisch die Schulleitung. 1949 wird der in Mömlingen geborene Hauptlehrer Eduard Hegmann zum Rektor ernannt. Ihm folgt 1959 der aus dem Sudentenland stammende Oberlehrer Richard Träger. 

Nach dem 2. Weltkrieg finden über 400 Vertriebene in Mömlingen eine neue Heimat.

In den beiden Schulhäusern wird es immer enger. 1958 entschließt sich der Gemeinderat unter Bürgermeister Karl Ball zum Bau einer neuen Schule für 16 Klassen am Berghang oberhalb des (gleichzeitig erweiterten) Friedhofes. 1961 kann Pfarrer Ludwig Müssig, während dessen Amtszeit ein neues Pfarrzentrum in den ehemaligen Schul- und Pfarrgärten entsteht, den ersten Trakt einweihen. Er umfasst acht Klassenzimmer, zwei Fachräume, Lehrerzimmer und Verwaltungsräume. Da der Platzbedarf erst zur Hälfte gedeckt ist, müssen die alten Schulhäuser auch weiterhin (für die unteren Klassen) ihren Dienst tun. 1963 wird Oberlehrerin Therese Vogel, die (mit Unterbrechungen) seit 1937 in Mömlingen unterrichtet, zur Nachfolgerin von Rektor Träger ernannt.

Um alle der zwischenzeitlich weit über 500 Schüler im neuen Schulhaus unterbringen zu können, beginnt man 1966 mit dem zweiten Bauabschnitt, dem sich nördlich die Schulturnhalle anschließt. 1969 ist der gesamte Komplex fertig gestellt. Alle Volksschüler – 18 Klassen – sind nun in einem Schulgebäude untergebracht. Es wird nach dem berühmten Maler Hans Memling benannt, der von etwa 1435 bis 1494 lebte und dessen Vorfahren höchstwahrscheinlich aus Mömlingen stammen.

Die gleichzeitige Einführung des 9. Schuljahres hat zur Folge, dass Raummangel auch in der neuen Hans-Memling-Schule ein aktuelles Thema bleibt. Durch einen Schulverband mit Eisenbach – dort fehlen die nötigen Fachräume – steigt die Schülerzahl auf fast 700, obwohl dafür (im Schuljahr 1971/72) eine 3. Klasse täglich nach Eisenbach fährt. 1972 wird der Schulverband nach drei Jahren seines Bestehens wieder aufgelöst. Die Eisenbacher Schüler der Oberklassen fahren seither nach Obernburg. 

Eine wesentliche Verbesserung des Sportunterrichts bewirkten zwei weitere Baumaßnahmen der Gemeinde. Oberhalb der Schule entstand 1973 ein Hallenbad (abgerissen 2019)und 1983 ein Schulsportplatz. Die Errichtung dieses Allwetterplatzes war ein besonderes Anliegen von Rektor Heinz Eilbacher, der seit 1977 der Schule vorstand. Ihm folgte 1987 der Eisenbacher Schulleiter Wilfried Bernhard im Rektorenamt. 1995/96 wurde das Schulgebäude um zwei kleine Klassenzimmer, einen Mehrzwecksaal und mehrere Nebenräume erweitert.

Erinnerungen an vergangene Schulzeiten werden in Mömlingen in besonderer Weise gepflegt. In der ehemaligen Knabenschule ist ein Heimat- und Schulmuseum untergebracht. In ihm findet man neben der alten Lehrerwohnung ein historisches Klassenzimmer. Als es vor wenigen Jahren vom Heimat- und Geschichtsverein Mömlingen unter Mitwirkung mehrerer Lehrkräfte eingerichtet wurde, ahnte noch niemand, dass es schon bald von Schulklassen aus dem ganzen Landkreis und darüber hinaus besucht werden sollte. Wenn die Schüler in den alten Holzbänken sitzen, die deutsche Schrift buchstabieren, mit Griffel auf Schiefertafeln schreiben und respektvoll den Rohrstock in der Hand des Lehrers  beobachten, dann wird Schulgeschichte auf wirklichkeitsnahe Weise wieder lebendig. 

Text und Fotos: Wolfgang Hartmann 

Siehe auch die Seite: Schulgeschichte im Überblick 

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